ich finde es schlimm, was derzeit in der Ukraine geschieht. das ist konkret schlimm für die Menschen dort und schlimm für die Familien der getöteten russischen Soldaten, vorrangig Angehörige ethnischer Minderheiten, wenn man unserer Propaganda glauben darf. Die russische erreicht uns ja höchstens über Umwege.
Das erste Opfer des Krieges ist immer die Wahrheit, das ist leider so, und das sollte nie vergessen werden.
Dieser Krieg tobt nicht nur auf den Schlachtfeldern des ‚Grenzlandes‘, er tobt auch in unseren Herzen und Köpfen und ich finde es äußerst bedenklich, wie viele Menschen denken, wir müssten uns mehr darin engagieren, Deutschland müsse mehr und vor allem sofort Kriegsgerät zur Verfügung stellen, Geld für Wiederaufbaumassnahmen und am besten direkt eingreifen im Verbund mit der NATO.
Ich erinnere mich, dass Deutschland da schon mal Krieg führte, in einem Weltkrieg der sein Ende in Hiroshima und Nagasaki fand, und ich teile die Befürchtung vieler, dass dieser Krieg wieder dahin führen könnte.
ich lebe in Stuttgart, da sind das Europa- und das Afrika-Kommando sowie etliche Spezialeinheiten und Spionage-Organisationen der USA stationiert. im Falle eines nuklearen Schlagabtauschs zwischen Amerikanern und Russen wäre hier binnen Minuten alles nur noch Feuer und Asche. Ich, mein Kind, meine Familie wären ausgelöscht und der Rest der Welt wäre einem hundertjährigem Winter ausgeliefert.
Will das jemand? verantworten oder in Kauf nehmen? wofür?
wenn es nicht das Rumpöbeln des ukrainischen Botschafters ist oder die Drohungen Russlands, Amerikas oder der EU sind, die mir aus den Medien entgegen trompeten, dann höre ich immer wieder, in der Ukraine würden unsere Werte verteidigt.
welche Werte? unsere Investitionen? unserer Pluralismus? unsere Regierungsform und -findung?ernsthaft?
ich halte die Ukraine für einen durch und durch korrupten Staat in dem sehr nette und freundliche Menschen leben. und vermutlich auch weniger nette und freundliche, ähnlich wie in Ungarn oder Polen, die gerne auch durch Antisemitismus und Homophobie glänzen, von korrupten Strukturen und Meinungsunterdrückung ganz zu schweigen.
Unsere Werte… über diese Werte konnte ich nur müde lächeln, als davon die Rede war, wir verrieten sie, als die NATO aus Afghanistan floh, und man die einheimischen Angestellten den Taliban zum Frass vorwarf.
Mit unseren Werten ist es in Wirklichkeit nicht weit her. Ja, wir wollen Frieden und eine gerechte Welt, aber wir tun nichts dafür. Was wir tun ist, dass wir global nach dem niedrigsten Preis für all das suchen, was unseren Wohlstand ausmacht, egal ob’s Öl oder Gas aus mittelalterlichen Diktaturen ist, oder Kleidung, Schuhe und Smartphones, damit wir in den (a)sozialen Medien posten können, was für ein tolles Leben wir führen, statt miteinander darüber zu reden, was uns wirklich bewegt.
und jetzt dieser Krieg, dieser entsetzliche, einer von Dutzenden weltweit, der nicht minder rücksichtslos geführt wird, als all die anderen auch, die uns ehrlich gesagt am Arsch vorbei gehen, und plötzlich ist Pazifismus out und von gestern und grüne Spitzenpolitiker, einst Verfechter von Pazifismus mutieren in Windeseile zu Militärexperten und schreien nach Aufrüstung und Waffenlieferungen.
Pazifismus erscheint mit einem Mal nicht mehr opportun, weil zu realitätsfremd, und ja:
Cäsars Zitat ‚Si vis pacem para bellum‘ hat seine historische und realpolitische Berechtigung.
Aber Jesus, Ghandi und Martin Luther King auch!
und ich behaupte einfach mal, dass diese drei mehr für den Fortschritt der Menschheit bewirkt haben als alle großartigen Feldherren der Weltgeschichte zusammen.
Die großen Strategen und Kriegsherren haben uns gezeigt, wie man Stärke aufbaut und nutzt um Kriege zu gewinnen.
Die großen Lehrer der Menschheit aber haben uns gezeigt, dass wir das gar nicht müssen, dass wir zusammen leben können, miteinander, füreinander, als Krone und Hüter der Schöpfung.
ich glaube nicht, dass wir der Welt helfen friedlicher zu werden, in dem wir schleunigst aufrüsten und der Ukraine sofort Waffen schicken, damit die ihren ‚gerechten‘ Krieg gegen den ‚bösen Russen‘ gewinnen können, und ich glaube das nicht, weil ich nicht an einen ‚gerechten Krieg‘ glaube.
Krieg kann niemals gerecht sein, selbst wenn man seine Heimat verteidigt. Krieg ist immer ein Verbrechen gegen den anderen und sich selbst.
und wie immer ist das erste Opfer des Krieges die Wahrheit.
wenn wir also etwas für den Frieden tun wollen, wirklich tun wollen und uns das nicht nur wünschen, dann müssen wir bei uns selbst anfangen, bei unserer eigenen Wahrheit, mit unserer eigenen Wahrheit.
und wahrscheinlich würden wir uns dann auch eingestehen müssen, dass wir mit Nachhaltigkeit und Bescheidenheit glücklicher wären als mit einem Wohlstand, dem das Wohlergehen von Menschen irgendwo anders auf der Welt vollkommen egal ist.
Om Shanti
möge ein jedes Wesen Glück und Liebe erfahren