der Archimedische .

Jetzt & Hier 2. Oktober 2020

ich sitze an meinem Schreibtisch wie ein im Fluss treibendes Stück Holz, halb unter Wasser, halb an der Luft und bewege mich stromabwärts jenem Ende entgegen, das mir bestimmt ist, so wie es allem und jedem bestimmt ist.

Murakami ist zu Gast. Er spricht und spricht nicht. In stummer Erwartung sitzt er auf einem Sessel in einer der zahllosen Ecken in meinem Kopf, die für Schriftsteller reserviert sind, die mir etwas zu sagen haben, zusammen mit allen anderen Künstlern, aus deren Werken Bedeutung zu mir spricht.

Und ich sitze an meinem Schreibtisch, unbedeutend, untätig und auf der Suche nach meinem Bedeuten.
Es heißt jeder sei ersetzbar und genau so empfinde ich mich.
Verschwände ich einfach, welchen Unterschied würde das machen?
Lautlos würde Wasser die leere Stelle im Fluss ausfüllen und nur einen Augenblick später wäre ich, das Stückchen Treibholz vergessen.

Was schon die Frage nach der Faktizität von Ich aufwirft.
Bin ich nur ein Tropfen im Ozean, oder bin ich der Ozean?
Bin ich Fluss oder Treibholz?
Trägt mich das Wasser oder versucht es mich hinunter zu ziehen, um mich im Sediment zu verscharren?
Ist Luft Leben oder Freiheit?
Wer will darüber urteilen?
Es heißt auch, man solle nicht alles glauben was man denkt. 

ich bin Aurelin.
und glaube mich hilf- und sinnlos zu fühlen angesichts der Kräfte und Ereignisse, die auf mich einwirken.
Und doch, wenn ich es bedenke:
niemand anders als ich selbst habe mich in diese Lage hinein manövriert, und ich wusste wozu ich das tat.
ich tat es, um meine Träume zu leben und zu verwirklichen.

Deshalb sitze ich jetzt hier an meinem Schreibtisch.
ich habe mich in eine Falle hinein gearbeitet, aus der es nur einen Ausweg gibt, nämlich zu tun, was ich tun will, allein ich tue nichts. Es ist als ob mir der Wille fehlte, wo ist er hin?

ich kann seinen Blick spüren. Aus allen Ecken und Winkeln in meinem Kopf starrt er mich an. Aus den Augen aller in meinen Kopf projizierten Schriftsteller, Dichter,  Denker und Künstler.

Es ist die Summe aller Bedeutungen überhaupt, der ich mich stelle.
Und sie liegt auf meiner Feder wie Blei.
Alles liegt wie Blei auf mir.
Und ich darunter, immer nur darunter und immer noch auf der Suche nach dem Archimedischen Punkt. 

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